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Geschichtliches aus dem Klosterdorf Hördt

Das Dorf Hördt wird erstmals genannt in der Zeit zwischen 780-802 in einer Urkunde des Klosters Fulda als Baugolfus Abt von Fulda war. Acbuto de Alsatia (Agboto de Alsatia) schenkt zu Ehren des heiligen Märtyrers Bonifatius eine Kirche, sowie Ländereien in unserer Gegend und 63 Unfreie (Leibeigene) davon 12 zwischen Hördt und Ottersheim. In dieser Urkunde, die in lateinischer Sprache und in angelsächsischen Zügen geschrieben ist, wird das Dorf als Terherdi bezeichnet. Richtig zu lesen aber wäre: „inter Herdi et Hudamaresheim“, also zwischen Hördt und Ottersheim.

Deutung des Ortsnamens: Feuerstelle, Herd, Haus, Wohnung.

Auf eine frühe Besiedlung weisen zahlreiche Funde hin. Im Schwalbenflug, im Klostergarten, in der Kühwoog und in anderen Gemarkungsteilen sind zahlreiche Steinbeile und Gefäße bzw. Gefäßteile gefunden worden aus der jüngeren Steinzeit, etwa 5000 v.Chr. Aber auch Tierknochen von Großtieren, wahrscheinlich Elephas (Elefant) wurden ausgebaggert. Zeitstellung: Diluvium 20-80.000 v.Chr.
1937 wurde bei Erdarbeiten ein spätbronzezeitliches Urnen-Gräberfeld festgestellt, etwa 1000 v.Chr.

Aus der Römerzeit sind 2 Göttersteine vorhanden. Während der eine die Göttin Juno darstelle, zeigt der andere den Gott Merkur; Zeitstellung: 2./3. Jahrhundert n.Chr.
Auch ein römischer Brückenstein mit Inschrift aus dem 2. Jh. n.Chr. wurde 1898 bei Hördt aufgefunden.
Weiter ist noch ein Kurzschwert anzuführen, wie es oft in fränkischen Gräbern gefunden wurde 6./7. Jahrhundert merowingisch.

Über die Entstehung des Dorfes Herdi gibt es keinen genauen Nachweis. Wahrscheinlich ist jedoch, dass Herdi zwischen 600 und 800 entstand (Aussage von Prof. E. Christmann).
Möglich, dass es später zur Burg Spiegelberg gehörte, welche erstmals unter dem Datum 29.04.1200 genannt wird.

Seinen besonderen Aufschwung erlebte Herthi (Hördt) an seinem so denkwürdigen Tag, dem 9. Februar 1103, als ein Edelmann mit Namen Herimannus vor Kaiser Heinrich dem IV. sowie Johannes I. Bischof von Speyer und zahlreichen adligen Zeugen in Speyer auf seinem Gut in Herthi ein Kloster errichtet, zu seinem und der Seinigen Seelenheil. Das Kloster wurde wie der Dom zu Speyer der Muttergottes geweiht. Er beschenkte es mit vielen Gütern in der näheren und weiteren Umgebung. Die Dorfkirche St. Georgi ließ er bereits vor 1103 errichten.

Von da ab lehnt sich die Entwicklung des Dorfes eng an die des Klosters an. Die Einwohner sind jedoch in mancherlei Hinsicht der Propstei und diese wiederum dem Dorf verpflichtet. Insbesondere sind dies gemeinsame Gerechtigkeiten wie Viehweiden, Holzrechte, Fischereirechte u.a.

Im Jahre 1540 entsteht die Gerichtsordnung des Dorfes. Sie regelt Zuständigkeiten und Gebühren des Gerichts als dessen Vorsteher, der Schultheiß fungiert. Hier ist auch die “Gebühr” für die Beurkundung eines Güterverkaufs geregelt. Sie betrug „acht Maß Wein und zwey Brodt“. Festgelegt war auch, dass die Wirte den roten Wein einen Pfennig billiger als den weißen verkaufen sollten.
Im gleichen Jahr (1540) ist auch die Hördter Dorfordnung entstanden. Hier sind vor allem die Holzrechte und die Strafen bei Verstoß gegen dieselben angeführt. Regelungen werden weiter festgelegt für Bäcker, Wirte, Metzger, Ölmüller und Strafen für unberechtigte Weide.

Das Kloster Hördt wurde von Augustiner Chorherren besiedelt, die meist dem Adel angehörten und war für 550 Jahre der religiöse und geistige Mittelpunkt dieser Gegend gewesen und wohl das reichste Ritterkloster der damaligen Kurpfalz. Propstey und Ritterakademie Herdt in höchster Blüte bis 1525.

Der gute Ruf, der von Hördt ausging wird durch die Tatsache gekennzeichnet, dass die Hl. Hildegard von Bingen es mehrmals besuchte (1171). Der gute Ruf aber bewahrte das Edelleut-Kloster nicht vor einem schweren Schicksal, von dem so viele Klöster getroffen wurden.

Es war durch die wirtschaftlichen Verhältnisse jener Zeit tatsächlich viel Unzufriedenheit unter dem Volk. Das Besitztum lag größtenteils in den Händen der Fürsten und Klöster. Die damaligen Bauern und Handwerker standen in Abhängigkeit von ihnen und hatten namentlich viele und schwere Frohndienste zu leisten.

Die Steuern und Umlagen waren fast unerschwinglich. Das Kloster wurde ausgeraubt und angezündet, die Mönche misshandelt und der damalige Propst Florenz Schlieder (Schliederer) von Lachen ist sogar an den ihm zugefügten Misshandlungen gestorben.

Bei dem Aufstand, der in der Osterzeit 1525 ausbrach, wurde das Kloster zuerst durch die Nußdorfer und dann durch die Bruhrheiner schwer in Mitleidenschaft gezogen. Wie sich die Hördter Untertanen und die der Umgebung in dieser Situation verhielten, darüber gibt es keine Aufzeichnungen. In der Hinrichtungsakte von Pfeddersheim befanden sich keine Hördter Namen. Aber auch der Bauernaufstand fand ein blutiges und trauriges Ende. Über 100 000 Menschen fanden hierbei den Tod und über 1000 Klöster wurden in Deutschland vernichtet oder schwer geschädigt. Und was war das Los der Bauern? Es war schlechter als wie zuvor geworden. Niemand dachte nach dem Aufstand an eine Besserung der Verhältnisse.

Die nun nachfolgenden Epochen der Reformation und des 30jährigen Krieges ließen die Propstey nie mehr zu ihrer einstigen Blüte gelangen. Zwar hatte Propst Petrus Krane von 1637 an versucht, das Hördter Augustinerkloster wieder für seinen Orden in Besitz zu nehmen und ihm seinen einstigen Ruf zurückzugeben. Jedoch die Kriegsunruhen und die Rechtlosigkeit der damaligen Zeit trugen dazu bei, dass auch Propst Petrus Krane als eigentlich letzter Propst des Hördter Klosters mit Gewalt auf Anweisung des Fürstbischofs und französischer Soldaten vertrieben wurde.
Kloster Hert wurde Eigentum der Kurpfalz und alle Einnahmen flossen dahin.

In den Zeiten der Reformation und des 30jährigen Krieges und danach, von 1556 bis 1660 musste auch das Kloster Herdt mit seinen Untertanen neunmal die Religion wechseln (lutherisch, calvinisch, katholisch).

Die langsame und endgültige Auflösung lies sich nicht mehr aufhalten. Die französische Revolution brachte der alten Klosterstiftung die völlige Auflösung. Die großen Besitzungen des Klosters wurden als Eigentum der französischen Nation erklärt und versteigert. Der mehrere Hundert Hektar zählende Wald ging 1816 in das Eigentum des bayerischen Staates über. Der Großsteil der Klostergüter ging nicht an Hördter Bürger, sondern an Auswärtige.

Der Rhein war vor seiner Begradigung um 1825 immer eine große Überschwemmungsgefahr für die Felder der Rheinniederung und alle Anzeichen sprechen dafür, dass die Hördter Rheinniederung wieder Überschwemmungsgebiet werden soll.

Während der Ort 1802 noch 740 Einwohner hatte, sind es im Jahre 1836 bereits 1440. Die erste Zigarrenfabrik eröffnete 1863 ihren Betrieb. Bei der Bevölkerung bahnt sich, beginnend um 1935 eine Umschichtung in den Erwerbstätigkeiten an. Viele vorherige „Zigarrmacher“, aber auch Landwirte mit kleinerem Besitz, wandern ins Baugewerbe ab. In der Landwirtschaft sind die Betriebe immer weniger geworden. Den heute noch vorhandenen hauptberuflichen Landwirten dient in erster Linie Tabak, Spargel und Zuckerrübenanbau als Einnahmequelle, während der Anbau von Getreide kaum noch als Einnahmequelle gerechnet werden kann, obwohl der Getreideanbau die größte Anbaufläche darstellt. Handel sowie mehrere leistungsfähige Handwerksbetriebe ergänzen die Wirtschaftskraft des Dorfes.
Fast alle anderen Erwerbstätigen sind als Pendler auswärts beschäftigt.

Im Jahr 1965 wurde das neu errichtete Schulhaus mit Turnhalle bezogen. Das gesamte Ortsgebiet ist mit Kanalisation versehen. Der Friedhof hat eine den heutigen Erfordernissen entsprechende Friedhofshalle und vorbildliche Grünanlagen erhalten. Die Kirchengemeinde führte einen zweckdienlichen Umbau des Gotteshauses durch. In den letzten Jahren konnten in den Wohngebieten „Ziegeleck“ und „Hausberg-Spitzäcker“ Baugrundstücke an Bauwillige vergeben werden.

Im Jahr 1980 beging die Ortsgemeinde Hördt die 1200-Jahr-Feier mit einer Festwoche und seitdem alle fünf Jahre das „Klosterfest“. Die Turnhalle steht nach dem Bühnenneubau für alle kulturellen Veranstaltungen zur Verfügung. Im Untergeschoss wurde ein Feuerwehrhaus ausgebaut. Die Anforderungen im dörflichen Bereich führen zu weiteren Vorhaben. So wird von der Gemeinde weiteres Bauland erschlossen; derzeit entsteht das neue Wohnbaugebiet „Nord-West“.

Die Gemarkung ist 1846 ha groß, Staatswald 670 ha, Gemeindewald 197 ha 919 ha landwirtschaftliche Fläche einschließlich Wege und Gewässer sowie ca. 60 ha bebaute Fläche und eine derzeitige Einwohnerzahl von 2434. Hördt liegt 100-110-121 m über dem Meeresspiegel.

Über die Dorfgrenze hinaus und interessant ist das als die „Hördter Rheinaue“ bekannte, zweitgrößte Naturschutzgebiet der Pfalz mit 835 ha. Ein einzigartiges Reservoir seltener und schätzenswerter Tier- und Pflanzenarten. Mehr als zwei Drittel der Gemarkung sind Natur- und Landschaftsschutzgebiet.

Nur noch Straßennamen künden den Bewohnern des Klosterdorfes von der einstigen Geschichte wie Kloster-, Garten-, Propstei-, Augustiner- und Spiegelbergstraße sowie Propst-Krane-Platz und Herrimannusweg! Ferner ein Standbild des hl. Johannes Nepomuk und ein Stück Klostermauer mit einer Länge von 14,60 m, einer Höhe von 2,50 m und einer Tiefe von 60 cm.

Die St. Georgskirche mit der Grundschule befinden sich auf dem Jergenberg, wo einst das Nonnenkloster stand.
Als kirchliches Hochfest wird alljährlich das seit 234 Jahren bestehende Fest „Kreuzerhöhung“ gefeiert mit der Kreuzreliquie, welche im Jahre 1768 als Geschenk aus Rom der Kirche von Hördt übertragen wurde.

Kirchweih wird in Hördt am letzten Sonntag im August gefeiert.

Die Kulturgemeinde Hördt vereinigt insgesamt 26 Vereine sowie als weitere Mitglieder die Orts- und Kirchengemeinde Hördt.

Die große Vergangenheit des Klosterdorfes Hördt spiegelt sich bis heute in seinem Ortswappen wieder.

Hördt, im März 2003

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